Was haben Faszien mit Rückenschmerzen zu tun?

Hast du dich schon mal gefragt, wie du dich in deiner stockdunklen Wohnung doch irgendwie sicher und verletzungsfrei bewegen kannst? Ja … die ein oder andere Fußzehe musste schon mal leiden, dennoch geht es meist glimpflich aus, oder? Wie kommt es, dass du ohne etwas zu sehen gezielte und kontrollierte Bewegungen ausführen kannst?
Unsere Faszien als Sinnesorgan
Man hat in den letzten Jahren herausgefunden, dass vor allem die oberflächliche Gleitzone zwischen Unterhautbindegewebe und Muskelfaszie mit unzähligen freien Nervenendigungen ausgestattet ist. Diese registrieren unter anderem Druck und Zug, also mechanische Einflüsse. In Kombination mit dem Gleichgewichtssinn und dem Sehsinn sammeln die sogenannten Mechanorezeptoren eine Vielzahl an sensorischen Informationen und leiten diese an das Gehirn weiter und vermelden zum Beispiel die Krümmung der Lendenwirbelsäule. Diese Fähigkeit wird salopp unser Bewegungssinn, und medizinisch korrekt die Propriozeption genannt. 2017 wurde von Dr. Martin Grunwald, Univ. Leipzig in einer komplizierten mathematischen Rechnung die beeindruckende Anzahl von über 100 Millionen Rezeptoren im Fasziensystem ermittelt. Das würde dann bedeuten, dass die Faszien sogar unser größtes Sinnesorgan für die Propriozeption sind.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der mögliche Beitrag der Faszien zum sogenannten idiopathischen Rückenschmerz. In diesem Zusammenhang bedeutet idiopathisch ganz einfach „Wir haben keine Erklärung hierfür“. In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass die Wahrnehmung beim Rückenschmerzpatienten vermindert ist. Bei dem Zweipunktdiskriminationstest zum Beispiel wird mittels einer Schiebelehre ermittelt wie weit die beiden Messschenkel voneinander entfernt sein müssen, so dass der Patient zwei Punkte noch wahrnehmen kann. Beim Rückenschmerz Proband wird die Wahrnehmung unscharf, während eine bewegungssinnlich gut geschulte Pilates Trainerin punktgenau die beiden Kontaktstellen benennen kann.
Die gezielte Behandlung und Stimulation der Faszien als Sinnesorgan kann also ein echter Game Changer für Schmerzgeplagte sein. Im Fascial Fitness sprechen wir hierbei vom ‚Wasser- und Öl - Prinzip’, denn myofaszialer Schmerz und Propriozeption schließen einander aus. Heißt konkret: sensorisches Training lohnt sich: ist die Körperwahrnehmung intakt, hat (Rücken)schmerz keine Chance.